Tiefsee-Kartographie durch einen Schwarm autonomer Fahrzeuge

Shell Ocean Discovery XPRIZE: Team ARGGONAUTS des Fraunhofer IOSB unter den Top 5

© Fraunhofer IOSB
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Aufbau eines Water Striders während des Wettbewerbsfinales in Kalamata, Griechenland.
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Eine der Tauchdrohnen an der Wasseroberfläche

Kurzbeschreibung des Projekts

Hinter dem Projektnamen »Arggonauts« verbirgt sich die Entwicklung unbenannter, autonomer Tauchfahrzeuge. Das Team des Fraunhofer IOSB präsentierte hierzu im Rahmen des weltweiten Technologiewettbewerbs zur Tiefseekartierung »Shell Ocean Dicovery XPrice« fünf unbemannte Oberflächenfahrzeuge auf Basis aufblasbarer Katamarane, sogenannte »Water Striders«, sowie 2,60 Meter lange Tauchdrohnen, die den Spitznamen »Great Drivers« erhielten. Die elektrisch angetriebenen Katamarane können die ebenfalls elektrisch betriebenen U-Boote zu einem bis zu 90km vom Land entfernten Einsatzort befördern, an dem die »Great Drivers« selbstständig abtauchen. Hier vermessen die Great Divers den Meeresgrund, indem sie mit den Oberflächenfahrzeugen über Schallwellen kommunizieren. Die Water Drivers beziehen ihre Informationen wiederum von GPS-Signalen aus dem Weltall, die sie in akustische Signale umwandeln. An diesen Signalen orientieren sich die Tauchfahrzeuge und navigieren die Geoposition. Abgetastet wird der Meeresgrund mittels eines hochauflösenden Sonars aus etwa 80 Metern Entfernung.

Projektziele

Bis heute ist nur etwa 5 Prozent der Tiefsee (die Meere jenseits einer Tiefe von 1000 Metern) erforscht und das obwohl die Erde über 60 Prozent von Wasser bedeckt ist, das Einfluss auf unser Leben nimmt. In den Ozeanen findet eine Freisetzung sowie Speicherung von CO2 und Methanhydrat statt und unterseeische Gräben, Canyon, Hügel und Bergspitzen wirken sich auf den Verlauf der Strömungen aus. Die bisher eingesetzten Forschungsschiffe haben den Nachteil, dass sie groß, schwerfällig, auf menschliche Besatzung angewiesen und damit kostspielig sind. Ziel des Projektes ist deshalb, die hochauflösende Kartierung des Meeresbodens mittels einer preisgünstigen und autonomen Technologie. Der erweiterte Nutzen von einer Technologie wie Arggonauts ist die Erforschung der Auswirkung der Tiefsee auf den CO2 Haushalt sowie der Umwelt- und Artenschutz.

Projektergebnis

Das Team Arggonauts des Fraunhofer IOSB ist die Entwicklung von Tandems aus leichtgewichtigen autonomen Oberflächenfahrzeugen und torpedoförmigen Tauchdrohnen, die im Schwarm operieren, gelungen. Diese Entwicklung ermöglichte, eine hochaufgelöste Vermessung des Ozeangrunds in 4000 Metern Tiefe sowie die Aufnahme von Objektfotos wie etwa Schiffswracks. Die erfolgreiche Wettbewerbs­teilnahme am Forschungswettbewerb Shell Ocean Discovery XPRIZE (2016-2018) war ein wichtiger Meilenstein im Bereich mobile, autonome Systeme in lebensfeindlichen Umgebungen. Als einziges deutsches unter 32 angetretenen Teams kamen die »Arggonauts« unter die besten fünf.

Team ARGGONAUTS bei Terra X

© ZDF

Die Sendung »Terra X: Die Vermessung der Erde« vom 7.4.2019 berichtet ab Minute 20 über das ARGGONAUTS-Projekt des Fraunhofer IOSB.

Zum Video in der ZDF-Mediathek

Detailinformationen

Unterwasserfahrzeug »Great Diver«

  • Kann autonom navigieren
  • Positionsbestimmung mittels Sonarsignalen der Oberflächenfahrzeuge
  • Gewicht: 350 kg
  • Länge: 260 cm
  • Durchmesser: 57 cm
  • Motorleistung: 370 Watt 
  • Geschwindigkeit: 8 km/h

Die Bauweise ist offen: Das Innere des U-Boots ist mit Wasser gefüllt. Für Auftrieb sorgt die Außenhaut aus reinem Polypropylen. Ein Großteil der Elektronik ist druckneutral in Silikonkautschuk eingebettet. Nur wenige Bauteile sind nicht druckbeständig, da sie sich in einem Titanrohr befinden. Somit ist der Great Diver trotz kompakter Bauweise und geringem Gewicht für den extremen Druck in der Tiefsee (bis 400 bar) geeignet.

© Fraunhofer IOSB / Eduard Maydanik
Testmission bei Laredo vor der spanischen Küste: ein Water Strider auf autonomer Fahrt.

Oberflächenfahrzeug »Water Strider«

  • Aufblasbarer Katamaran (2 Luftkammern)
  • Für den Transport und das Wiedereinfangen der Great Diver (letzteres über ein eigens entwickeltes und zum Patent angemeldetes Recovery-Manöver) sowie für die Kommunikation mit den Unterwasserfahrzeugen (siehe Grafik unten)
  • Navigiert ebenfalls autonom
  • Gewicht: ca. 500 kg (wenn es voll einsatzbereit ist)
  • Länge: 594 cm
  • Breite: 287 cm
  • Motorleistung: 10 PS (= 7355 Watt)

Im Einsatz sind fünf Tandems, bestehend aus jeweils einem Water Strider und einem Great Diver. Einer der Great Diver hat eine Hochleistungs-LED-Blitzanlage und speziell entwickelte Fotokameras an Bord.

© Fraunhofer IOSB
Das Team während des Wettbewerbsfinales in Griechenland.

Das Team ARGGONAUTS

  • 17 Personen
  • 7 Nationen
  • Standort: Fraunhofer IOSB, Karlsruhe

Der Wettbewerb

Der Ende 2015 ausgeschriebene Shell Ocean Discovery XPRIZE war ein dreijähriger Forschungswettbewerb. Er zielte darauf, die Entwicklung maritimer Technologien zu fördern und die autonome, schnelle und hochauflösende Erkundung der Tiefsee voranzubringen. Finanziert wurde der Wettbewerb von Shell. Veranstalter war die gemeinnützige XPRIZE Foundation, die noch weitere Wettbewerbe im Bereich Wissenschaft und Technik ausgeschrieben hat, um innovative Ideen und Technologien zu fördern. Gegründet wurde die Stiftung 1995 von dem amerikanischen Luftfahrtingenieur Peter Diamandis.

Zum Shell Ocean Discovery XPRIZE meldeten sich im Jahr 2016 32 Teams an. 21 davon qualifizierten sich für das Halbfinale. Neun Teams erfüllten die Kriterien und qualifizierten sich somit für das Finale.   

Im Finale mussten die Teams folgende Aufgaben erfüllen:

  • Die entwickelten Systeme mussten von Land aus gestartet werden, selbstständig eine Erkundungsmission zur Datenerfassung durchführen und ebenfalls autonom in den Hafen zurückkehren.
  • Mindestens 50 Prozent der Austragungsfläche, die 500 km² groß ist und in bis zu 4000 Metern Tiefe liegt, mussten kartiert werden.
  • Auflösung der erzeugten 3D-Karte: 5 Meter in der Horizontalen, 50 cm in der Vertikalen.
  • Zeitlimit: 24 Stunden für die Datenerfassung, 48 Stunden für den Rücktransport und die Auswertung der Daten
  • Schlankes Equipment: Die komplette verwendete Ausrüstung musste in einem Standard-ISO-Container Platz finden

Außerdem war gefordert, dass die Systeme nachweislich Unterwasserbilder erzeugen können. Es galt, die XPRIZE Ocean Trophy - in einem eingegrenzten Teilgebiet in 4000 Metern Tiefe zu finden und zu fotografieren. Für Fotos von weiteren biologischen, geologischen oder archäologischen Besonderheiten gab es Bonuspunkte.

Austragungsort des Finales

Gestartet wurde im Hafen von Kalamata in Griechenland. Dort, im sogenannten Ionischen Becken, befindet sich das Calypsotief, wo das Mittelmeer stellenweise über 5000 Meter tief ist.

© Pixabay

Hintergründe zum Projektnamen

Der Name stammt aus der Argonautensage: Die Argonauten (mit einem g) waren eine Gruppe griechischer Helden (darunter Herakles (lat. Herkules), Orpheus und Theseus, Sohn des Poseidon), die für ihren Anführer Jason auf der Suche nach dem Goldenen Vlies waren. Benannt wurden sie nach ihrem Schiff Argo, das von Argos erbaut wurde. Sie reisten von Griechenland durch die Ägäis und das Schwarze Meer ins heutige Georgien nach Kyta (heute Poti). Weltmeere erobern, den Gefahren des Meeres ausgesetzt sein und Abenteuer erleben – dies verbindet die ARGGONAUTS mit den Argonauten.

Die Entwicklung des Logos

In ihrem Logo verwenden die ARGGONAUTS das antike Sternbild Argo Navis (Schiff Argo), welches das Schiff aus der Argonautensage darstellt. Heute ist dieses Sternbild nicht mehr gebräuchlich. Es setzte sich aus den heutigen Sternbildern Carina (»Kiel des Schiffs«), Puppis (»Achterdeck des Schiffs«) und Vela (»Segel des Schiffs«) zusammen.

 

Fokusthema Maritime Technologien

Unsere Expertise in autonomen Systemen sowie in der Daten- und Bildauswertung ermöglicht uns, vielfältige Lösungen auf, unter und über dem Wasser zu entwickeln. Auf der Fokusthemen-Seite erfahren Sie mehr über die konkreten Forschungsthemen und Projekte und Sie finden dort die involvierten Abteilungen und Standorte.

 

visIT »Mobile Robotersysteme«

In dieser Ausgabe der Themenbroschüre visIT des Fraunhofer IOSB geht es um Ansätze, die den Autonomiegrad von Robotersystemen erhöhen. Mehrere der Beiträge beschäftigen sich mit dem XPRIZE-Projekt und dem Bereich autonomer maritimer Systeme.

 

Medienecho

Während seiner Laufzeit (2015-2019) spiegelten sich die Aktivitäten des Fraunhofer IOSB im Rahmen des Shell Ocean Discovery XPRIZE auf vielfältigen medialen Kanälen. Hier eine Auswahl: