Digitalisierung als Chance für die Landwirtschaft
Die Industrialisierung hat auch die Landtechnik in den vergangenen Jahrzehnten stark geprägt und dabei nicht nur die Produktivität erhöht, sondern auch negative Effekte verursacht: Bodenverdichtung, intensive Düngung, übermäßiger Einsatz von Herbiziden, Pestiziden und Fungiziden oder verschiedene Arten gentechnisch veränderten Pflanzgutes führen zu bleibenden Schädigungen der Biosphäre. Hierzu hat sich der Ökolandbau als Alternative entwickelt, der allerdings bewusst Einbußen in der Produktivität in Kauf nimmt. Im Fraunhofer-Leitprojekt COGNAC – Cognitive Agriculture erforschten acht Fraunhofer-Institute gemeinsam, wie ein vernetztes Ökosystem für landwirtschaftliche Prozesse aussehen muss, mit dessen Hilfe sowohl die ökonomischen als auch die ökologischen Aspekte gleichermaßen optimiert werden.
Das Projekt zielte darauf ab, Daten über komplexe Zusammenhänge in der Feldwirtschaft automatisiert zu erfassen und darauf aufbauend Entscheidungsprozesse im Wertschöpfungsnetzwerk zu unterstützen.
Beteiligung der Abteilung Szenenanalyse SZA: Fernerkundung und Bilddatenanalyse
Ackerboden als wertvolles Gut
Zu den wertvollsten Gütern nachhaltiger Landwirtschaft gehört ein gesunder und ertragreicher Ackerboden. Für dessen Pflege ist eine der wichtigsten Informationen die Datengrundlage über den Zustand des Ackerbodens und der Pflanzen. Ohne ein zeitlich und räumlich hoch aufgelöstes digitales Monitoring des Bodens und der Pflanzen ist außerdem eine gezielte, möglichst automatisierte Feldbearbeitung wie Unkrautbekämpfung, Düngung, Bewässerung, Ernte, usw. nicht möglich. Als Datengrundlage dienen aktuell – neben der Erfahrung der Landwirtin oder des Landwirts – insbesondere die Ergebnisse teurer Laboranalysen vereinzelter Bodenproben, die anschließend auf das ganze Feld extrapoliert werden. Aus diesem Grund beschäftigt sich das Fraunhofer IOSB mit dem Bio-Monitoring durch Fernerkundung. Dazu werden verschiedene Sensorplattformen (Satellit, Flugzeug, Drohne) autonom agierend und navigierend mit entsprechender Sensorik (multi-/hyperspektral, optisch, UV, IR, LiDAR, etc.) ausgestattet.
Hyperspektral- und Drohnentechnologie
Mit der wachsenden Leistungsfähigkeit von Drohnen und der Etablierung des autonomen Fliegens steigt gleichzeitig die Praxistauglichkeit moderner UAV. Durch die geringe Flughöhe der Drohne wird eine ausreichend präzise Auflösung der Sensoraufnahme gewährleistet und trotzdem eine hohe zeitliche und räumliche Flexibilität garantiert. So ermöglichst z.B. eine DJI Matrice 600 Pro oder BFD Drohne mit max. 25 kg Startmasse pro Batterie-Set einen bis zu 18-minütigen Flug auf 80m Höhe, wodurch eine Flächenleistung von ca. 4.2 ha und eine Pixelauflösung unter 4 cm erreicht wird.
Gewöhnliche (Multispektral-)Kameras sind im Bereich der sichtbar reflektierten Sonnenstrahlung sensitiv, aufwändigere Kameras mitunter auch im nahinfraroten oder thermalen Bereich. Bei einer Hyperspektral-Kamera (z.B. Hyperspec Co-Aligned VNIR-SWIR von Headwall oder der HySpex Mjölnir VS-620 von NEO) hingegen wird der gesamte Wellenlängenbereich des sichtbar, nah- und kurzwellig infrarot reflektierenden Lichts gemessen. Dabei stehen dem Sensor nicht nur drei oder mehr Kanäle zur Verfügung (wie bei einer normalen Handy-/RGB-Kamera), sondern mehrere hundert Kanäle. Das daraus resultierende Reflexionsspektrum bildet eine spektrale Signatur, die objekt- und materialspezifisch ist.
Bio-Monitoring durch Fernerkundung
Dieses Prinzip gilt auch für Böden: Je nach Nährstoffgehalt, Feuchte, Korngröße, Humusgehalt usw. verändert sich die spektrale Signatur, die es zu messen und interpretieren gilt. Die Schwierigkeit der bodenkundlichen Hyperspektral-Fernerkundung liegt darin, dass nicht nur die Bodeneigenschaften selber die spektrale Signatur beeinflussen, sondern auch externe Faktoren wie die Atmosphäre, was zu einer Überlagerung der spektralen Eigenschaften führt.
Unter Einsatz multivariater Statistik oder Deep Learning werden aus den spektralen Daten Korrelationen mit den bodenkundlichen oder pflanzenphysiologischen Parametern hergestellt. Wird der Zusammenhang zwischen spektraler Signatur und Bodeneigenschaft durch das Modell ausreichend gut abgebildet, ist eine Anwendung des Modells auf jeden Pixel der hyperspektralen Luftaufnahme möglich. Ziel ist es, eine digitale und maschinenlesbare Feldkarte zu erzeugen, bei der jeder Pixel (unter 4 cm Auflösung) einen zugeordneten Bodenparameter-Wert enthält.
Mehr Informationen zum Thema erhalten Sie in den folgenden Videos.