Schuss aus dem Hinterhalt
John F. Kennedy, Martin Luther King und Zoran Djindjic sind nur drei bekannte Opfer, die durch Heckenschützen ermordet wurden. Doch eine sehr viel größere Zahl an Menschen musste seit der Erfindung des Gewehrs mit dem Leben bezahlen, weil Personen aus der Ferne hinterrücks auf sie geschossen hatten. Häufig wird der Schuss aus der Deckung zum Erreichen zweifelhafter Ziele eingesetzt. So versuchten z. B. im Bosnienkrieg bosnisch-serbische Paramilitärs mit Hilfe von Scharfschützen die Einwohner Sarajevos zu demoralisieren und zur Übergabe der Stadt zu zwingen. Ähnliches Vorgehen ist derzeit wohl auch im aktuellen Konflikt in der Ukraine zu beobachten
Neben diesen Angriffen auf in der Regel ungeschützte Personen im Freien, werden auch Fahrzeuge und tief fliegende Helikopter oder Flugzeuge beschossen. Bei einem Treffer können dann unter Umständen alle Insassen sterben. Sofern kein kritisches Bauteil oder gar einer der Insassen getroffen wird, kann ein Beschuss bei einem Helikopter oft erst nach erfolgter Landung erkannt werden. Auch wenn ein aktiver Schutz dagegen im Augenblick noch reine Zukunftsmusik ist, wäre ein sofortiges Erkennen von Beschuss zusammen mit einer Richtungsangabe ein wesentlicher Baustein zur Erhöhung der Sicherheit - Gefahren könnten umgangen, Bereiche umflogen, Deckung an der passenden Stelle gesucht werden.
In vielen Ländern wird seit nunmehr fast zwei Jahrzehnten mit Hochdruck an der Entwicklung entsprechender Warngeräte gearbeitet. Prinzipiell gibt es mehrere Möglichkeiten einen Schuss selbst bzw. ein Projektil zu detektieren. Das Projektil selbst kann – je nach Größe - mit Hilfe der Radartechnik detektiert werden, und dabei sogar die Flugbahn bestimmt werden. Durch die Explosion der Treibladung, die das Projektil vorantreibt, wird eine Druckwelle erzeugt, welche sich mit Hilfe von Mikrofonen detektieren lässt. Der bei der Explosion der Treibladung entstehende Mündungsfeuerblitz kann aber auch mit elektro-optischen Detektoren erkannt werden. Bei genügend hoher optischer Auflösung kann zusätzlich das Projektil selbst auf seiner Flugbahn verfolgt werden.
Asymmetrische bzw. terroristische Bedrohungen in den letzten beiden Jahrzehnten und der daraus resultierende dringende Bedarf haben dazu geführt, dass Geräte zur Erkennung von Gewehrfeuer mittlerweile schon operationell eingesetzt werden. Besonders die Vereinigten Staaten und Großbritannien machten im Irak und in Afghanistan regen Gebrauch davon. Zunehmend werden ähnliche Warnsysteme aber auch von US-amerikanischen Kommunen im Bereich der Verbrechensbekämpfung eingesetzt. Städte wie z. B. Chicago oder Baltimore haben schon Warnsysteme aufgebaut.
Wirklich zufrieden stellend arbeiten die Geräte bisher leider nicht. Bei den meisten im Einsatz befindlichen Systemen beruht das Detektionsprinzip auf der akustischen Ortung. Diese ist gerade im urbanen Umfeld nicht trivial, da u. a. Reflexionen des Schalls an Bauwerken zu Missdeutungen und somit zu Fehlern in der Bestimmung des Abschussortes führen können.
Die Kombination der akustischen Detektion mit einer elektro-optischen Komponente ist eine mögliche Lösung zur Verbesserung der Systeme. Am Fraunhofer-IOSB wird an der Umsetzung eines Warnsystems gearbeitet, welches mit elektro-optischen Sensoren den Mündungsfeuerblitz zuverlässig detektiert. Bisherige Untersuchungen zeigen gute Ergebnisse bei der Verwendung von Sensoren, die im infraroten Spektralbereich arbeiten. Eine hohe Abtastrate trägt zusätzlich zu einer Verringerung der Falschalarmrate bei, da die temporale Signatur des kurzeitigen Schussereignisses ausgewertet werden kann. Eine akustische Komponente wird Falschalarme weiter reduzieren und Informationen über die Entfernung des Schützen liefern.