ROBDEKON: Am Ende der ersten Förderphase des Kompetenzzentrums stehen praxistaugliche Systemlösungen

Karlsruhe /

Roboter sollen möglichst selbstständig Dekontaminationsaufgaben in menschenfeindlichen Umgebungen ausführen – etwa bei Altlastensanierungen oder beim Rückbau kerntechnischer Anlagen und der Dekontamination von Anlagenteilen – damit Menschen der Gefahrenzone fernbleiben können. Diese Vision stand am Anfang von ROBDEKON. Nun ist die erste, vierjährige Förderphase des Kompetenzzentrums abgeschlossen und diverse, an den praktischen Anforderungen der Anwender ausgerichtete Systeme etwa zur Kontaminationsmessung, Gefahrstoffhandhabung oder zum autonomen Abtragen belasteter Erdschichten wurden entwickelt.

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Das Kompetenzzentrum »Robotersysteme für die Dekontamination in menschenfeindlichen Umgebungen« (ROBDEKON) wurde vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) im Rahmen des Programms »Forschung für die zivile Sicherheit« von Sommer 2018 bis Herbst 2022 mit rund 12 Millionen Euro gefördert. Die Koordination hatte das Fraunhofer-Institut für Optronik, Systemtechnik und Bildauswertung IOSB inne; weiter waren das Karlsruher Institut für Technologie (KIT), das Robotics Innovation Center des Deutschen Forschungszentrums für Künstliche Intelligenz (DFKI), das FZI Forschungszentrum Informatik sowie die Industriepartner Götting KG, Kraftanlagen Heidelberg GmbH, ICP Ingenieurgesellschaft Prof. Czurda und Partner mbH und KHG Kerntechnische Hilfsdienst GmbH beteiligt.

»Das Konzept, herausragende Kompetenzen aus der Robotik, Altlastensanierung und dem Rückbau kerntechnischer Anlagen zu bündeln, als Nährboden für neue Ideen, um eine zentrale Anlaufstelle für Interessenten und Anwender zu schaffen und um Innovationen zielgerichtet und praxisnah voranzutreiben, hat sich vollauf bewährt«, resümiert ROBDEKON-Sprecher Prof. Dr.-Ing. habil. Jürgen Beyerer, Leiter des Fraunhofer IOSB und des Lehrstuhls Interaktive Echtzeitsysteme am Karlsruher Institut für Technologie (KIT). »Die anlässlich der Evaluation im Frühsommer 2021 präsentierten teleoperierten, teilautonomen und autonomen Demonstratoren konnten wir mittlerweile zu praxistauglichen Systemlösungen weiterentwickeln.«

Im Folgenden einige Highlights der von den Forschungspartnern im Rahmen von ROBDEKON entwickelten Technologien:

Fraunhofer IOSB: Autonomiefähigkeiten für schwere Baumaschinen

© Fraunhofer IOSB / M. Zentsch [M.]
Autonomer Bagger in Aktion. Im Vordergrund der optional einsetzbare Roboterhund Spot; als Untergrund ist das von den Sensoren des Baggers erfasste Umgebungsmodell visualisiert.

Eins der am Fraunhofer IOSB fokussierten Themen ist das automatisierte Abtragen kontaminierter Erdschichten durch autonom agierende Baumaschinen. Konkret rüsteten die Forschenden einen 24-Tonnen-Bagger sowie einen Traktor mit Anhän­ger mit zusätzlicher Sensorik aus und entwickelten umfangreiche Autonomie-Algorithmen, damit die Maschinen im Tandem Erdschichten abtragen und den Aushub abtransportieren können.

»Die Aufgabenstellung geht weit über eine reine Fernsteuerung der Geräte hinaus«, erläutert der zuständige Projektleiter Dr. Janko Petereit. »Wir geben anhand einer dreidimensionalen Geländekarte lediglich einen Bereich und eine bestimmte Aushubtiefe vor, den Rest lösen die Systeme selbstständig: Sie finden den Weg, weichen Hindernissen aus, führen den Aushub durch, vereinbaren Positionierungen zum Verladen des Materials und so weiter.« Ein Roboterhund könne unterstützend hinzugezogen werden, etwa um Informationen aus anderen Bereichen oder aus einem anderen Blickwinkel zu gewinnen. »Technisch gesprochen haben wir Lösungen zur Umgebungskartierung, Vorgangsplanung und Regelung der Baumaschinen erarbeitet und demonstriert.«

DFKI Robotics Innovation Center: Automatisierter Schreitbagger zur Dekontamination in komplexem Gelände

© DFKI, Annemarie Popp
Schreitbagger ARTER entnimmt eine Bodenprobe auf dem DFKI-Außengelände.

Im Mittelpunkt der Arbeiten des DFKI stand die Umrüstung eines rund 12 Tonnen schweren MenziMuck M545 Schreitbaggers für die Anforderungen in zwei verschiedenen Dekontaminationsszenarien: die Bergung von Giftfässern und die Entnahme von Bodenproben. Dafür statteten die Forschenden den Bagger mit umfangreicher Sensorik wie Kameras und Laserscanner aus. So ist er nicht nur in der Lage, seine Umgebung umfassend wahrzunehmen, sich selbst zu lokalisieren und autonom zu vorgegebenen Zielpunkten zu navigieren. Auch die Steuerung der Maschine wird durch die Verwendung der vielfältigen Sensordaten erleichtert.

Dank einer von den Forschenden entwickelten Software lassen sich präzise Bewegungen, wie sie z.B. für die Probenentnahme erforderlich sind, planen und mit dem Endeffektor des Baggerarmes ausführen. Durch automatische Fahrwerkanpassung kann ein auf Künstlicher Intelligenz basierendes Programm die Stabilität des Fahrzeugs selbst in sehr unebenem Gelände sicherstellen. Für das Szenario der Fassbergung kooperierte der Bagger mit dem hybriden Schreit- und Fahrrover SherpaTT des DFKI, dessen Aufgabe darin bestand, das Gelände zu erkunden und Informationen zu übermitteln. Hierbei bot ein im Projekt aufgebauter mobiler Leitstand die Möglichkeit, die Erkenntnisse beider Systeme zusammenzuführen und diese aus sicherer Entfernung auch ohne Sichtkontakt fernzusteuern.

KIT: Aus sicherer Distanz erkunden und vollautomatisch dekontaminieren

© KIT / Amadeus Bramsiepe
GammaBot scannt kontaminierte Innenräume und misst die Strahlenbelastung.

Für den voll-automatisierten Rückbau von kerntechnischen Anlagen müssen kontaminierte Gebäude erfasst, dekontaminiert und freigemessen werden. Forschende des KIT haben das Erkundungssystem GammaBot entwickelt. Es scannt Innenräume und misst die Strahlenbelastung. Außerdem haben sie eine Gruppe von Sensoren konstruiert, die auf einer Arbeitsbühne montiert automatisch die Kontamination von Wänden misst. Eine besondere Herausforderung bei der automatisierten Dekontamination von Anlagenteilen ist das Greifen, Vermessen und Reinigen unbekannter und schwerer Objekte. Der neuentwickelte humanoide Roboter ARMAR-DE kann ihm vorher unbekannte Anlagenteile autonom greifen und diese nach einem automatisierten Scanvorgang säubern. Für die sichere und intuitive Bedienung der Roboter in solchen menschenfeindlichen Arbeitsumgebungen haben die Forschenden eine Steuerung per Telepräsenz entwickelt. So kann der Mensch aus sicherer Distanz mit AR/VR-Brillen oder einem Tablet die Bewegungen und Arbeitsschritte des Roboters kontrollieren. Der Operator soll dabei jederzeit in die Arbeit eingreifen können, um Probleme zu beheben, die der Roboter ohne Vorwissen nicht alleine lösen kann.

FZI Forschungszentrum Informatik: Gefahrstoffsortierung und -bergung

© Fraunhofer IOSB
Die Fähigkeit zur Gefahrstoffbergung live demonstriert: das mobile Roboterteam des FZI Forschungszentrum Informatik.

Das FZI Forschungszentrum Informatik hat im Rahmen des Projektes an zwei Aufgabenszenarien geforscht. Zum einen ging es um die Entwicklung eines Demonstrators zur Sortierung von Gefahrstoffen, welcher durch schnelles Einlernen einer Künstlichen Intelligenz beispielsweise Batterien sortenrein trennt. Der zweite Forschungsschwerpunkt des FZI lag auf der Entwicklung von teil- und vollautonomen kraftbasierten Manipulationsstrategien für mobile Roboter.

Dabei wurde ein 3D-Kartierungs- und Navigationsframework entwickelt. Mit dessen Hilfe können unbekannte Umgebungen schnell exploriert und Gegenstände lokalisiert werden. Das eingesetzte Roboterteam – bestehend aus einem Laufroboter und einem radgetriebenen Roboter mit Greifarm – kann an einem mobilen Leitstand durch intuitive, aufgabenbasierte Steuerungen kontrolliert werden. „Durch diese Entwicklungen am FZI ist das Bergen von Gefahrstoffen aus unbekannten Umgebungen schnell und einfach möglich“, so FZI-Mitarbeiter Johannes Mangler.

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