»Ich hatte bisherige Preisträger als Vorbild und dachte nicht, dass ich ebenso gut sei«

Ettlingen /

Als erste Frau in der Geschichte der NATO hat Karin Stein die Von-Kármán-Medaille verliehen bekommen, die prestigeträchtigste Auszeichnung der Wissenschafts- und Technologieorganisation (STO) des Verteidigungsbündnisses. Damit wird die Abteilungsleiterin Signatorik des Fraunhofer IOSB für ihre über 30-jährige Forschungs- und Führungstätigkeit in der Verteidigungsforschung, ihre außergewöhnlichen wissenschaftlichen Beiträge für die NATO sowie ihr Lebenswerk gewürdigt. Im Interview anlässlich der Verleihung erzählt Karin Stein, wie sie zur Physik kam, welche Verantwortung sie gegenüber der Gesellschaft empfindet und über ihre Begeisterung für Naturwissenschaften.

© Fraunhofer IOSB
Ministerialdirigent Alexander Schott, Direktor Forschung und Innovation im Bundesministerium der Verteidigung, Frau Stein und Dr. Bryan Wells, NATO Chief Scientist, bei der Verleihung der Von-Kármán-Medaille im September 2024 in Stockholm.

Frau Stein, vielen Dank, dass Sie sich Zeit für uns nehmen. Hatten Sie damit gerechnet, diese Auszeichnung zu erhalten?

Ich wusste, dass ich nominiert war. Mit der Auszeichnung habe ich dennoch nicht gerechnet. Ich hatte immer viele der bisherigen Preisträger als Vorbilder und dachte nicht, dass ich ebenso gut sei.  Das ist eine typische weibliche Eigenschaft, nicht so selbstbewusst zu sein.

Wie sind Sie dazu gekommen, Physikerin zu werden?

Das war eigentlich ein glücklicher Zufall. Mathematik hat mich in der Schule sehr interessiert, Physik allerdings überhaupt nicht.  Ich wollte immer etwas mit Sprachen machen. Doch ich habe am gleichen Tag Geburtstag wie Albert Einstein, und an seinem 100. Geburtstag dachte ich: »Wer ist dieser Einstein, mit dem du Geburtstag hast?« Also habe ich alles über ihn gelesen, und plötzlich hat mich die Physik fasziniert. Ich fand es unglaublich spannend, wie die Physik des 20. Jahrhunderts das Denken revolutioniert hat, und habe alles, was ich darüber finden konnte, verschlungen. In der Schule bin ich dann innerhalb eines Jahres von 5 auf 15 Punkte in Physik gestiegen und beschloss, dass ich unbedingt Physik studieren wollte.

Da mir alle gesagt haben, dass man so etwas als Frau nicht studiere, habe ich es erst recht gemacht. Das war eigentlich der Grund. Auch schon als Kind war es das Größte für mich, wenn ich aufbleiben und »Raumschiff Orion« oder später »Raumschiff Enterprise« schauen durfte. Ich erinnere mich auch gerne an die erste Mondlandung, die ich als Kind mitverfolgt habe. Bei jedem Start der Raumfähren kam meine Mutter zu mir oder holte mich aus dem Sandkasten und sagte: »Karin, jetzt starten sie wieder! Komm schnell rein!« Und dann haben wir das zusammen geschaut.

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