Karlsruher Forschungsfabrik: Produktionsprozesse schnell industrialisieren
Theoretisches Wissen schnell in profitable industrielle Anwendungen und Dienstleistungen zu transferieren: Unter diesem Leitbild forschen das Karlsruher Institut für Technologie (KIT) und die Fraunhofer-Gesellschaft gemeinsam in der Karlsruher Forschungsfabrik am Campus Ost des KIT. Die Digitalisierung der Produktion sowie die Möglichkeiten der Künstlichen Intelligenz stehen dabei im Fokus der Forschungsarbeiten, die auf engen Kooperationen mit Industriepartnern basieren. Den Neubau des Entwicklungs- und Demonstrationszentrums haben die Partner heute (28.03.2022) zusammen mit dem baden-württembergischen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann, Wissenschaftsministerin Theresia Bauer und Wirtschaftsministerin Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut sowie rund 400 Vertreterinnen und Vertretern aus Politik, Wissenschaft und Industrie eröffnet.
(Weitere Fotos zur Veranstaltung für die redaktionelle Verwendung finden Sie in diesem vom KIT bereitgestellten Fotoalbum.)
In der Karlsruher Forschungsfabrik verfolgen das wbk Institut für Produktionstechnik des KIT, das Fraunhofer-Institut für Optronik, Systemtechnik und Bildauswertung IOSB und das Fraunhofer-Institut für Chemische Technologie ICT das gemeinsame Ziel, Produktionsprozesse schnell zu industrialisieren – von der erkenntnisorientierten Grundlagenforschung über die praxisnahe Optimierung und Industrialisierung in Verbundforschungsprojekten bis zum Transfer in die wirtschaftliche Nutzung am Standort Baden-Württemberg.
Ministerpräsident Kretschmann betont Relevanz für die Wirtschaft Baden-Württembergs
»Der furchtbare Krieg in der Ukraine zeigt uns derzeit auch, wie schnell sich Anforderungen an Produktionsprozesse ändern können. Aber auch abseits solcher Extremereignisse ist von Unternehmen sehr viel Flexibilität gefragt: Wenn Stückzahlen schwanken. Wenn Kunden keinen 0815-Standard wollen, sondern eine Maßanfertigung. Oder wenn es nicht mehr nur darum geht, immer bessere Autos zu bauen – sondern um ein völlig neues Mobilitätserlebnis«, so Ministerpräsident Kretschmann. »Für diese Herausforderungen brauchen Unternehmen ein Laboratorium, in dem exzellente Forschung auf betriebliche Praxis trifft und in dem neue Technologien entwickelt und erprobt werden und schnell zur Serienreife gelangen. Insbesondere in drei für unser Land wichtigen Zukunftsfeldern – der Elektromobilität, dem Leichtbau und der Industrie 4.0 – wird die Karlsruher Forschungsfabrik solch ein exzellentes Labor sein.«
Transfer und Einordnung in die Wissenschaftspolitik
»Als geschützter Raum für die Zusammenarbeit von Wissenschaft und Industrie bietet die Forschungsfabrik ein exzellentes Umfeld, um neue Ansätze zu erproben und diese direkt in die Anwendung zu bringen. Die Karlsruher Forschungsfabrik wird eine Quelle sein für Ideen und Innovationen, die nicht nur den Forschungsstandort Baden-Württemberg stärken, sondern auch die beteiligten Unternehmen voranbringen. Baden-Württemberg wird als Impulsgeber auch international noch stärker sichtbar sein«, so Theresia Bauer, baden-württembergische Ministerin für Wissenschaft, Forschung und Kunst im Rahmen einer Gesprächsrunde von Wissenschaft und Politik. Dies sei auch für die Transformation in Mobilität und Digitalisierung in Baden-Württemberg entscheidend: »In der Forschungsfabrik werden Unternehmen und Forschende gemeinsam an Schlüsselthemen für die zukünftige Wettbewerbsfähigkeit unserer Wirtschaft arbeiten. Die Fabrik stärkt damit das einzigartige industrielle Ökosystem in unserem Land und trägt so dazu bei, die Herausforderungen der Transformation erfolgreich zu bewältigen. Unser Ziel ist, dass Baden-Württemberg auch in Zukunft ein führender industrieller Innovations- und Produktionsstandort bleibt«, sagt Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut, baden-württembergische Ministerin für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus.
Wissenschaft und Industrie: gemeinsam zum Erfolg
Entscheidend sei hierbei die enge Kooperation von Wissenschaft und Wirtschaft, betonte Professor Holger Hanselka, Präsident des KIT: »Die Karlsruher Forschungsfabrik ist eine Blaupause für den gemeinsamen Erfolg. Durch die enge Kooperation mit der Industrie verschmelzen wir die vielversprechendsten Ansätze zu innovativen Lösungen für produzierende Unternehmen sowie den Maschinen- und Anlagenbau.«
Hierbei sehen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler die Digitalisierung der Produktion sowie das Potenzial der Künstlichen Intelligenz als wichtigen Baustein des Erfolgs an. »Deutschlands wirtschaftlicher Erfolg und Wohlstand beruhen zu einem beträchtlichen Teil darauf, die Weltmärkte mit innovativen Produkten und Technologien zu beliefern. Mit der Karlsruher Forschungsfabrik für KI-integrierte Produktion leisten die Fraunhofer-Gesellschaft und das Karlsruher Institut für Technologie KIT einen wichtigen Beitrag, die Spitzenstellung des Industriestandorts Deutschlands zu festigen: Hier treffen neueste Erkenntnisse aus dem Gebiet der Künstlichen Intelligenz und des Machine Learning mit klassischen Ingenieurswissenschaften zusammen, um das Zukunftsthema ›Intelligente Produktion‹ praxisnah zu erforschen«, so Professor Reimund Neugebauer, Präsident der Fraunhofer-Gesellschaft.
Konkrete Zielsetzungen und Lösungsansätze der Karlsruher Forschungsfabrik
»Die Welt, in der wir leben und arbeiten, ist nicht stabil, sondern volatil. Agile, wandlungsfähige Produktionskonzepte und die schnelle Befähigung von Prozessen haben das Potenzial, die Wertschöpfung in Baden-Württemberg langfristig zu erhalten«, sagt Professor Jürgen Fleischer, Leiter des wbk Instituts für Produktionstechnik am KIT im Rahmen eines Impulsvortags. Professor Jürgen Beyerer, Leiter des Fraunhofer IOSB, betont: »Mittels vorübergehend zusätzlicher Instrumentierung mit Sensoren und Aktuatoren sowie Maschinellem Lernen können wir Prozesse schneller kennenlernen, effektiv regeln, beschleunigt produktiv machen und optimieren, auch wenn wir Einflüsse und Zusammenhänge zunächst noch nicht alle verstehen.« Professor Frank Henning, Leiter des Fraunhofer ICT ergänzt: »Leichtbaukonzepte ermöglichen es, Werkstoffe effizient einzusetzen und tragen dazu bei, Klima- und Nachhaltigkeitsziele zu erreichen – sowohl in stationären als auch mobilen Anwendungen, wie der Elektromobilität.«
Elektromobilität, Leichtbau und Industrie 4.0
Der Ministerpräsident und die Ministerinnen sowie die weiteren Teilnehmenden konnten sich bei Rundgängen ein eigenes Bild über aktuelle Projekte aus den Forschungsfeldern Elektromobilität, Leichtbau und Industrie 4.0 sowie über die zentralen produktionstechnischen Herausforderungen für Unternehmen machen: kürzere Produktlebenszyklen, individualisierte Produkte und zunehmender Einsatz neuer Technologien. Im Kontext der Elektromobilität wird an hocheffizienten elektrischen Traktionsmotoren, leistungsfähigen Batterien mit variablen Zellformaten und der kostengünstigen Produktion von Brennstoffzellen geforscht. Im Bereich der Leichtbaufertigung stehen additive Fertigungsverfahren, der ressourceneffiziente Materialeinsatz sowie die Produktion von Wasserstofftanks im Fokus aktueller Forschungsarbeiten. Im Forschungsfeld Industrie 4.0 werden zum einen die Potenziale durchgängiger digitaler Prozessketten und der Künstlichen Intelligenz domänenübergreifend erforscht, zum anderen werden konkrete technische Lösungen wie das Konzept der Wertstromkinematik erarbeitet, die eine Umsetzung dieser Potenziale in einer realen Produktionsumgebung gestatten.
Finanzierung
Die Gesamtbaukosten des durch die Planungs- und Bauabteilungen des KIT und der Fraunhofer-Gesellschaft effizient geleiteten Projektes werden sich nach aktuellem Stand auf voraussichtlich circa 17 Millionen Euro (netto) belaufen. Dem KIT wurde für den Bau seines Gebäudeteils und dessen Erstausstattung durch das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst ein Bruttobaubudget von rund 9,6 Millionen Euro zur Verfügung gestellt, das voraussichtlich unterschritten wird. Für den Bau des Gebäudeteils der Fraunhofer-Gesellschaft wurde von Bund und Land ein gemeinsames Nettobaubudget von 8,5 Millionen Euro zur Verfügung gestellt. Davon stammen 3,5 Millionen Euro aus Mitteln des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) der Europäischen Union und jeweils 2,5 Millionen Euro werden vom Bund und vom Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus Baden-Württemberg getragen. Hinzu kommen 1,15 Millionen Euro für Geräteausstattung der Fraunhofer-Institute, die jeweils hälftig von Bund und dem Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus Baden-Württemberg finanziert werden. Das Land hat zudem das Grundstück für die Baumaßnahme zur Verfügung gestellt.
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