»Unsere Technologie hilft, Stoffkreisläufe zu schließen«

Kunststoffrecycling: Wie die IOSB-Expertise in Schüttgutsortierung und Digitalisierung zur mehr Nachhaltigkeit und Ressourceneffizienz beiträgt

Herr Prof. Längle, welchen Bezug haben die Technologien des Geschäftsfelds Inspektion und optronische Systeme zum Klimaschutz?

Thomas Längle: Unsere Fähigkeiten in der Schüttgutsortierung finden schon lange Anwendung im Bereich Recycling. Egal ob Altglas, Bauschutt oder Plastik: Eine möglichst sortenreine Trennung verschiedener Substanzen ist eine entscheidende Voraussetzung, um daraus hochwertige Rezyklate herstellen zu können. Speziell bei den Kunststoffen müssen wir zur Verwirklichung der bis allgemein 2050 angestrebten Klimaneutralität aber noch viel besser im Recycling werden. Derzeit schätzt man, dass allein in Deutschland jährlich rund 50 Mio. Tonnen CO2 entlang der Kunststoffwertschöpfungskette anfallen - der größte Teil, weil gut die Hälfte des Altplastiks nur thermisch verwertet, also verbrannt wird. Andere Recyclingpfade wären nicht nur nachhaltiger, sie werden durch die CO2-Bepreisung auch wirtschaftlich immer attraktiver.

Deshalb treibt Fraunhofer die Vision einer Circular Plastics Economy voran.

Genau. Ziel ist, den Anteil werkstofflichen Recyclings deutlich zu steigern. Wo das nicht geht, gilt es, durch chemisches Recycling die Kunststoffabfälle wenigstens als sekundäre Rohstoffquelle zu erschließen und fossile Rohstoffe damit zu ersetzen. So bleibt der Kohlenstoff im Wirtschaftskreislauf, statt als CO2 in die Atmosphäre zu gelangen. Das Fraunhofer-Leitprojekt Waste4Future erarbeitet hierfür einen umfassenden Ansatz, und unsere Kompetenzen spielen dabei mehrere wichtige Rollen.

Nämlich welche?

Zum einen erarbeiten wir einen Digitalen Zwilling, der die Prozesse und Wertstoffströme umfassend und interoperabel abbildet, um den Kunststoffkreislauf transparent und digital auswertbar zu machen. So wird eine ganzheitliche Optimierung möglich, die für unterschiedliche Anteile des Stoffstroms jeweils den technisch, ökonomisch und ökologisch sinnvollsten Recyclingpfad festlegt. Zum anderen entwickeln wir Sensorik und Sortiertechnologie weiter. Gängige Sensoriken haben Schwächen, etwa bei schwarz gefärbtem Kunststoff oder wenn Teile eine innere Struktur haben. Ein Fokus im Projekt liegt deshalb auf Multisensordatenfusion, die in Verbindung mit Machine-Learning-Methoden eine echtzeitfähige und zuverlässige Materialidentifikation ermöglichen soll.

 

Prof. Längle ist Sprecher des Geschäftsfelds Inspektion und Optronische Systeme und Leiter der Abteilung Sichtprüfsysteme (SPR).

Jahresbericht »We make AI fly«

Das obenstehende Interview ist dem Jahresbericht 2021/2022 entnommen, der schwerpunktmäßig die KI-Anwendungskompetenz des Fraunhofer IOSB beleuchtet.

 

Inspektion und Optronische Systeme

Erfahren Sie hier mehr über die Anwendungsfelder und Technologien unseres Geschäftsfelds Inspektion und Optronische Systeme.